Gestorben wird immer, gebloggt darüber seltener.
Können Kranzschleifen gewaschen werden? Was diktiert die aktuelle Sarg-Mode? Was soll man mit einer kürzlich auf dem Dachboden gefundenen Urne anstellen? Auf diese und auch auf viele andere Fragen zum Thema Tod antwortet seit vier Jahren der ehemalige Bestattungsunternehmer Peter Wilhelm in seinem Blog – dem Bestatterweblog.
Neben den Berufsblogs, wie dem des Taxifahrers oder Supermarktmitarbeiters, gibt es diesen Mann, der über das doch recht exotische Thema „Tod“ schreibt. Ich habe den Bestatterblogger befragt. „Herr Wilhelm, was hat Sie zu diesem außergewöhnlichen Beruf bewegt und wie lange waren Sie in der Bestattungs-Branche tätig“, frage ich nun. „Ich habe in meinem Leben die verschiedensten Berufe ausgeübt; in der Bestattungsbranche war ich das erste Mal Ende der 70er Jahre tätig und danach immer mal wieder mehrere Jahre, unter anderem mit einem eigenen Bestattungsinstitut mit mehreren Filialen. Im Grunde bin ich ein klassischer Quereinsteiger. Eigentlich habe ich als kaufmännischer Mitarbeiter in einem Bestattungsunternehmen begonnen und habe dann erkannt, wie wichtig die Arbeit des Bestatters ist.“

Auf die berühmt berüchtigte Frage nach der Abstumpfung gegen den Tod und die Trauer im Bestatter-Beruf antwortet Peter Wilhelm, dass man als Bestatter nicht bei jedem einzelnen Sterbefall in der vollen Bandbreite der Gefühle mitempfinden kann, denn das würde einen auf Dauer auch kaputtmachen. Nicht abstumpfen, sondern die Empathie bewahren, das ist das Entscheidende, meint der Berufsblogger.

Sehr populär ist der Blog, was anhand der Klickzahlen deutlich wird: bis zu 60 000 Mal pro Tag wird die Internetseite des Blogs aufgerufen. Als Erstes interessiert mich die Frage nach den Beweggründen der Menschen, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen mögen und ob überhaupt Tendenzen in den Fragen und Kommentaren festzustellen sind. „In der Tat ist der Bestatterwebblog eine der am häufigsten aufgerufenen Seiten ihrer Art und bei den Berufsblogs vermutlich die populärste Seite überhaupt. Ich glaube, das liegt an der Mischung zwischen Information und Unterhaltung. Zu diesem Thema haben sehr viele Leute Fragen, die sie sich sonst nicht zu fragen trauen. Im Bestatterweblog kann man sich völlig ungezwungen über dieses Thema informieren.“. Na klar, kann man das! Von ausführlichen Kommentaren zu den banalen Fragen zur Pflege von Grabsteinschmuck und juristischer Hilfestellung bis zu den berufsalltäglichen Anekdoten gibt der Blog alles her zum Thema Tod.

Ganz gewiss ist dieser Beruf unabdingbar, aber dennoch spannend ist die Umorientierung des praktizierenden Bestatters in einen zum Thema Bestattungen bloggenden Journalisten und Autor („Ge-stat¬ten, Be¬stat¬ter! Bei uns liegen Sie richtig.“, „Darf ich meine Oma selbst verbrennen?“). Besorgt frage ich, ob Peter Wilhelm den Beruf buchstäblich „satt“ hatte. Nein, nichts dergleichen! Nur ein schon immer vorhandener Spaß am Schreiben bewegte ihn dazu, den Blog, aber auch zahlreiche Artikel für Magazine, Fachpublikationen und andere Medien zu schreiben. „Erst war das parallel zu meinen anderen Berufen, seit 2004 schreibe ich ausschließlich.“

Bis vor ein paar Jahren war ich wie viele andere junge Mädchen von den Vampir-Geschichten begeistert. So frage ich den ehemaligen Bestatter nach seiner Meinung über den Vampir-Hype und die Geschichten à la „Twilight“ (dt. „Biss bis zum Morgengrauen“) oder „Vampire’s Diary“ und ob dadurch eine gewisse Enttabuisierung des Themas Tod zustande komme. Klasse findet Herr Wilhelm meine Frage. Sofort schwärmt er von Geschichten um Untote, auch von den Zombie-Filmen und Ähnlichem ist er angetan. Ob es sich dabei allerdings um eine Enttabuisierung des Themas handelt, bezweifelt er. „Es wird zwar das Thema Tod und Sterben in einer anderen Art aufbereitet, aber unter Enttabuisierung verstehe ich, dass man den Menschen einen Blick hinter die Kulissen gewährt und sie über Information und Unterhaltung an das Thema heranführt. Etwas, das man kennt, hat von Natur aus weniger Schrecken als etwas, das vollkommen unbekannt ist.“

Ein Bestatter, der bloggt, ist einmalig – so auch das Sujet. Nach dem Interview bin ich stets informiert über den Beruf eines Bestatters aber auch vom Berufsalltag hab ich einen Eindruck bekommen. Und doch bleiben viele Fragen offen: Pflegen Bestatter ein „Auf Wiedersehen“ zu sagen? Wie werden ganz dicke Menschen begraben und ob man wirklich seine Oma im Garten selber verbrennen darf? – Mehr dazu gibt es im Bestatterweblog!

© Lena Kloster, 24,
studiert Intercultural Communication Studies
an der Viadrina Europa Universität Frankfurt (Oder).

Copyright: To4ka-Treff,
Oktober 2011.


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